Seit 2017 beschäftigt sich Martin von Ostrowski intensiv mit der deutschen Kolonialgeschichte von 1884 und 1918
und sammelte seitdem historisches Fotomaterial aus dieser Zeit. In allen sogenannten deutschen Schutzgebieten fanden kriegerische Auseinandersetzungen
zwischen Kolonisatoren und der einheimischen Bevölkerung statt, die sich gegen ihre Rolle als billige und unterdrückte Arbeitskräfte auflehnten,
sowie die Landwegnahme, den Verlust ihrer Lebensgrundlage und die Entrechtung durch die Kolonisatoren nicht hinnehmen wollte. Am schlimmsten
wütete die Verfolgung der einheimischen Bevölkerung in Ostafrika und Südwestafrika, wo hunderttausende Afrikaner ihr Leben bei Aufständen gegen die
kriegstechnisch weit überlegenen deutschen Schutztruppen verloren.
Martin von Ostrowski fügt in seinen Bildern über das koloniale Afrika historische Fotos der einheimischen Bevölkerung mit Fotos der Schutztruppen
oder von Deutschen aus dieser Zeit zusammen. Oder er nimmt historische Fotos und kombiniert sie mit Figuren aus der Zeit, z.B. ausgegrabene Nippfiguren
oder Figuren, die dem Thema angemessen sind. So mischen sich auf den Bildern afrikanische und europäische Elemente. Die neuere westliche Kunst wäre ohne
die exotischen Einflüsse vom Japonismus über die Südseereisen Gauguins, die Einflüsse afrikanischer Skulptur auf Kubismus und Expressionismus nicht möglich gewesen.
Aber auch im Alltagsleben führten die Erfahrungen aus den Kolonien zu erstaunlichen Veränderungen.
Wenn man Bilder von Frauen aus der Zeit um 1900 aus Afrika und aus Europa miteinander vergleicht, verblüfft wie selbstbewusst die Afrikanerinnen
ihre Körper präsentieren, wie offen sie in die Kamera schauen. Dass die Freikörperkultur in Europa sich nach 1900 aus kleinen Anfängen entwickelte,
hängt sicher mit beliebten Postkartenmotiven von nackten Körpern aus den Kolonien zusammen.
Auch wenn die Zeit der deutschen Kolonisation mit viel Leid verbunden ist, das bis heute nachwirkt, so fand doch ein Austausch zwischen den
unterschiedlichen Kulturen statt. Es kam zu Übernahmen, in Kleidung, Alltagsleben und in den Künsten. Diesen gegenseitigen Beeinflussungen ist
diese Serie mit afrikanischen und europäischen Motiven gewidmet.